lässt sich mit bloggen geld verdienen? die modeflüsterin über eigenmotivation, arbeitszeiten, selbstgespräche und statussymbole
Was machen Selbständige so den ganzen Tag? Wann haben die Feierabend? Legen die auch mal die Füße hoch? Und was ist, wenn ein Kunde noch Freitagabend mailt, während wir schon im Kino sitzen?
In meiner Reihe “Lässt sich mit Bloggen Geld verdienen” spreche ich mit Frauen, die nicht mit einer Festanstellung im Rücken bloggen. Sondern mit Geschäftsfrauen, die sich erfolgreich seit Jahren als Selbstständige auf dem freien Markt behaupten wie Stephanie oder Ines (zum Interview hier). Sich mit Preisdumping herumplagen oder mit Anfragen potentieller Kunden, die aber leider kein Budget für Aufträge haben.
Mal eben mit Bloggen Geld verdienen? Wer mit diesem Gedanken spielt und sich nicht nur als 20-Jährige ein Taschengeld dazu verdienen will, für den habe ich eine Kollegin interviewt, die weiß was Selbstständigkeit bedeutet. Fragen bitte direkt im Kommentar sehr gern hinterlassen oder per Mail schicken.
1.Es geht ja um heute um das Thema “Selbständigkeit”. Bitte beschreiben also kurz für die Leserinnen dein Wirkungsfeld.
Ich
bin seit rund 25 Jahren als Managerin, Beraterin, Fachautorin und
Dozentin im Bereich Public Relations und Marketing-Kommunikation aktiv.
Die ersten fast 10 Jahre meines Berufslebens war ich bei
Wirtschaftsunternehmen und bei einem Verband angestellt, danach habe ich
mich selbständig gemacht. Seit drei Jahren betreibe ich nun den
Fashion-Blog “Die Modeflüsterin“. Die
begeisterte Resonanz meiner Leserinnen hat daraus zwischenzeitlich auch
ein kleines Business entstehen lassen. Und gerade arbeite ich an einem
Konzept, wie ich dieses Mini-Business weiter ausbauen und der Nachfrage
meinen Leserinnen noch besser gerecht werden kann.
2.
Hast du in einem Angestelltenverhältnis gearbeitet? Oder: Worin unterscheiden sich Angestelltendasein und
Selbständigkeit?
Natürlich
ist es ein entscheidender Unterschied, ob man angestellt oder
selbständig arbeitet. Aber je höher die Position im
Angestelltenverhältnis ist, desto mehr Entscheidungsfreiräume erhält man
und desto ähnlicher werden sich die Funktionen. Die Eigenmotivation
wird immer wichtiger, ebenso sich selbst Ziele zu setzen und diese mit
strategischer Finesse, Ausdauer und Durchsetzungskraft umzusetzen. Auch
die Ergebnisse der eigenen Arbeit müssen in beiden Fällen verantwortet
werden – entweder gegenüber Chef bzw. Chefin oder gegenüber dem Kunden.
Allerdings
sind die Rahmenbedingungen und das Umfeld des Arbeitens als Angestellte
oder als die eigene Chefin im Home Office grundverschieden. Als
Angestellte ist man immer Teil eines Teams, hat Kollegen und/oder
MitarbeiterInnen, geht in ein externes Büro und nutzt die
Büro-Infrastruktur des Unternehmens. Ob der Kopierer oder die
Kaffeemaschine funktioniert oder nicht, wie die Post versandt werden
muss, woher Papier und Stifte kommen, wann der PC gewartet wird und wie
die Reisekosten verbucht werden, ist meist von Dritten organisiert. Man
kann sich in seiner Arbeitszeit auf seine fachliche, berufliche Aufgabe
voll konzentrieren.
Fest angestellt schlummert es sich leichter
Nicht
so im Home Office. Da muss ich für verwaltende Tätigkeiten, für die
Herstellung und Erhaltung der nötigen Infrastruktur bis hin zur
Versorgung mit Getränken alles selbst organisieren. Das ist ein recht
großer zusätzlicher Aufwand, den viele Selbständige gerne unterschätzen.
Mal ganz zu schweigen von den steuerlichen und behördlichen Auflagen,
die erfüllt werden müssen. Die Zeit dafür muss man sich einplanen, damit
im Ernstfall – will heißen: Kunde droht mit kurzfristigem Abgabetermin –
alles glatt läuft und die Arbeitsprozesse stimmen. Und man muss gut
alleine konzentriert arbeiten, auch mal einen ganzen Tag ohne Ansprache
oder Small Talk zwischendurch überleben können. Das ist nicht jedermanns
Sache.
Dazu
kommt die finanzielle Unsicherheit, die man manchmal einfach aushalten
muss. Die wenigsten Allein-Unternehmer haben immer die Auftragsbücher
voll.
Da gibt es Zeiten, in denen man potentielle Kunden schweren
Herzens ablehnen muss und solche, in denen man ein bisschen Leerlauf
hat. Wer mit einem regelmäßig eingehenden Gehalt ruhiger schläft, bleibt
besser im Angestelltenverhältnis.
Ein
weiterer Unterschied, der mich als Modeflüsterin natürlich besonders
interessiert, sind die modischen Rahmenbedingungen. Wer jeden Tag in ein
Büro gehen muss, sollte sich repräsentativ kleiden und ein gepflegtes
Äußeres haben – je nachdem welcher Dress Code im individuellen
beruflichen Umfeld gefordert wird. Wer jeden Tag theoretisch vom Bett direkt an den Schreibtisch im Home Office wandern könnte, ist da sicher
etwas lässiger.
Aber auch dabei kommt es auf die ganz persönlichen
Notwendigkeiten und Vorlieben an. Ich kenne viele Selbständige, die sich
auch an Tagen im Home Office repräsentativ kleiden, da sie dies für
ihre innere Rolle als Business-Frau brauchen. Und wenn Kundentermine
anstehen, ist dies ohnehin Pflicht.
Statussymbole wirken
Und vielleicht noch ein Tipp: Als
Selbständige sollte man immer auf sein Image achten. Erfolgreiche
Menschen arbeiten gerne mit Menschen zusammen, die sie ebenfalls als
erfolgreich einschätzen. Über Status-Symbole kann man streiten, sie
haben in der Realität aber immer noch ihre Relevanz – besonders wenn
sich eine Person nicht über ihre Position in einem Unternehmen
definieren kann. Dies gilt auch für die New Economy. Auch bei
Internet-Selfmade-Millionären sind es trotz aller augenscheinlichen
Lässigkeit die kleinen, aber wichtigen Signale zwischen den
Jeans-Outfits, die sehr wohl wahrgenommen werden. Manchmal ist das dann
eben die “richtige” Marke und Modell der Sneakers.
3. Was würdest du jemandem raten, der selbständig tätig sein will?
Er
oder sie sollte sich wirklich bewusst sein, welche Tätigkeiten auf ihn
zukommen. Und sollte intensiv überlegen, welche davon er selbst
erledigen muss/will/kann und welche er besser auslagert oder sich
Unterstützung von Dritten holt. Als Selbständiger muss man alle
Prozesse, von der Kundengewinnung, über die Abwicklung von Aufträgen bis
hin zur Sicherstellung der Infrastruktur, Erfüllung behördlicher
Auflagen und verwaltenden Tätigkeiten, im Griff haben.
Man
sollte sich darüber im Klaren sein, dass man die meiste Zeit alleine,
ohne Team im Rücken, arbeiten wird. Daher empfehle ich, sich einen Coach
oder Sparringspartner zuzulegen, mit dem man notfalls kniffelige
Situationen im Job besprechen und Erfahrungen austauschen kann.
Ferner
muss man immer aus den Einnahmen genügend Rücklagen bilden – nicht nur
um die Steuer zu bezahlen, sondern vor allem auch, um weniger gute
Wochen überbrücken zu können, auch mal Urlaub einzuplanen und – ganz
wichtig! – im Zweifelsfall nicht jeden Auftrag annehmen zu müssen. Die
große Freiheit der freien Berufe muss man sich auch erst einmal
verdienen…
4. Die Frage aller Fragen: lässt sich mit Bloggen professionell Geld verdienen sodass es zum Lebensunterhalt reicht?
Theoretisch ja. Praktisch schaffen es
nur die Wenigsten. Und dann hängt das sicherlich auch noch davon ab,
welche Ansprüche man an den eigenen Lebensstil stellt. Ich denke, dass
der Schlüsselfaktor dabei ist, über das Bloggen weitere Aufträge in
ertragreicheren Gebieten an Land zu ziehen. Blogger können
beispielsweise Bücher schreiben, Workshops anbieten, als
Markenbotschafter, Gast-Autor oder Berater engagiert werden und vieles
mehr. Die wenigen Blogger-Persönlichkeiten, die es schaffen, sich in
diesem hart umkämpften Markt zu etablieren, können sich durchaus zu
kleinen bis größeren, profitablen Blog-Unternehmen entwickeln. Aber dazu
müssen sehr viele fachliche und persönliche Fähigkeiten mit einem nicht
unbeträchtlichen Durchhaltevermögen, Fleiß und Professionalität
zusammentreffen und ein Quäntchen Glück, zum richtigen Zeitpunkt die
richtigen Menschen auf sich aufmerksam zu machen, gehört wohl auch dazu.
5. Welche Vor-und Nachteile hat selbständig sein?
[siehe oben, bei Unterschieden]
6.
Professionelle Blogger müssen sich im Markt behaupten bei
Honorarverhandlungen mit Hobbybloggern, die oft ähnliche Inhalte für
Anbieter kostenlos präsentieren. Was ist deine Meinung dazu?
Ich finde, dass jeder Blogger / jede
Bloggerin ihre eigenen, klaren Prinzipien festlegen und sich daran
halten sollte. Professionelle Blogger sollten für ihre Arbeit auch
entsprechend bezahlt werden. Ich gehe aber davon aus, dass Profis auch
die bessere Qualität liefern, was Inhalte, Design und Auftritt nach
außen angeht. Und dass auch die Mediadaten, sprich: Reichweiten und
Kontakte sowie Zielgruppen stimmen. Der Mehrwert, den Blogger-Profis
gegen Honorar für ihre Werbepartner liefern, sollte schon deutlich
werden. Dann können sich die Werbungtreibenden entscheiden, ob sie ihr
Produkt lieber möglichst billig platzieren oder möglichst wertig in
Blogs präsentieren wollen. Und ob sie bei ihrer Werbestrategie auf eine
breite Streuung durch viele Blogs mit geringer Reichweite oder auf eine
zielgruppen-optimierte, gezielte Streuung über wenige, ausgewählte Blogs
mit hoher Reichweite setzen. Beides ist legitim.
Auf dem Markt entscheiden
immer Angebot und Nachfrage über den Preis. Die Bloggerinnen
entscheiden, wie hochwertig sie ihr Werbeumfeld und ihre
Werbemöglichkeiten gestalten, die Werbekunden entscheiden, welche
Strategie sie fahren wollen und was ihnen die ansprechende Platzierung
ihrer Produkte und die Zusammenarbeit mit bestimmten Profis wert ist.
Daraus ergibt sich dann der Preis, den Blogger für ihre Services
festlegen und Unternehmen bereit sind zu zahlen.
Und
dann ist da ja noch die Frage, ab wann eine Bloggerin überhaupt ein
Profi ist…Für mich ist das der Fall, wenn die Bloggerin ganz klar das
Ziel hat, mit dem Blog ein Einkommen zu erwirtschaften und dieses Ziel
entsprechend professionell angeht. Das bedeutet, dass die Bloggerin bei
ihrer Arbeit nach professionellen, journalistischen
Standards vorgeht und das Ergebnis nach fachlichem Ermessen qualitativ
hochwertig ist. Wie immer im Leben ist dabei der Übergang fließend. Und
so liegt auch zwischen Hobby-Blogger und Profi-Blogger eine riesige
Grauzone. Im Prinzip allerdings ist jeder Blogger, der den ersten Euro
verdient, ein professioneller Blogger.