Sind Modeblogger tatsächlich so dumm wie ihr Ruf? Diese Frage drängt sich mir seit den Wahlen gestern in Amerika auf. Warum?
Ich blogge gern über Mode. Rede gern darüber und interessiere mich für schöne Kleidung. Achtung: 1. Vorurteil: wer sich für Mode interessiert, kann nicht ganz dicht im Oberstübchen sein. Und sollte sich 2. ernsthaft hinterfragen, musste ich mir kürzlich als erwachsene Frau von 50 Jahren auf einem Workshop des “Museums Angewandte Kunst” in Frankfurt sagen lassen.
Gut, dann hinterfrage ich mich mal, dachte ich mir. Dies ist ein irgendwie ein Modeblog. (Was es genau ist, steht am Ende des Textes. Für all die Ungeduldigen unter den Leserinnen.) Passenderweise wählte Amerika gerade einen neuen, unpassenden Präsidenten, m.E. Also fragte ich mich, wie ich mit dem Ergebnis der Präsidentschaftswahlen umgehe? Denn ignorieren war unmöglich. Obwohl ich mich auch fragte, ob Politik denn in einen Modeblog “darf”?
-> Als mein Mann mir blass am Mittwochmorgen nur etwas herbeimurmelte, statt vor Freude zu tanzen, drehte sich mir schon der Magen um und ich ahnte nichts Gutes. Als sich die Tendenz dann abzeichnete, dass Hillary nicht mehr würde gewinnen können, konnte ich den ganzen Tag kaum atmen. Wer hier regelmäßig liest, weiß, dass ich in Kalifornien gelebt habe – das Land mir also sehr nah ist.
-> Doch die
Ignorantin in mir ist bequem und denkt: Vielleicht ist der Donald doch gar nicht so schlimm? Damit hätte ich mich trösten können.
Dummerweise sendete mir Facebook einen Link des New York Magazines.
Darin beschreibt der afroamerikanische CNN -Reporter Van Jones die Auswirkungen des Wahlkampfs des Donalds auf Minderheiten etwa so: “Ich
werde mich heute Abend nicht unterbrechen lassen. Hier gibt es
Menschen, die eine Heidenangst haben und ihr (die Trump-Unterstützer)
müsst dafür einen Teil der Verantwortung übernehmen.”
-> Ich hätte dennoch mit den Schultern zucken können – Modebloggerin, die ich bin – und mir sagen können: Ich bin so gespannt und lass ich mich mal überraschen, von dem, was kommt. Dann munter Modefotos posten, ins Internet hineintirillieren so lässig-locker wie ich ja vermutlich mein Life genauso lässig vor mich hinstyle.
Allerdings: Überraschungen mag ich an Weihnachten. Aber schon bei unangemeldetem Besuch bekomme ich Stressflecken. Da soll ich “mich überraschen lassen”, von dem, was in der Weltpolitik folgt? Mit den Achseln zucken und zur Tagesordnung übergehen… nach dem Motto: wir können ja eh nichts machen?
Obwohl es nicht mal sinnvoll ist, sich vom Wetter überraschen zu lassen?
-> The Donald soll also vielleicht nicht so schlimm sein? Also, wenn es nicht schlimm ist, innerhalb einer Gesellschaft, Gruppen gegeneinander aufzuhetzen. Was ist dann noch schlimm?
Denn diese Saat ist wie die Büchse der Pandora. Einmal geöffnet, ist der Dreck in der Luft. Der KuKlux-Clan hat sein dreckiges Haupt wieder erhoben!!!
Oder warum meinen die WählerInnen von Hillary Clinton jetzt “Love trumps hate”, “Liebe ist stärker als Hass” auf ihren zahlreichen Demos in amerikanischen Städten von der Ost- bis an die Westküste skandieren zu müssen?
Wie ignorant müsste ich dafür sein, um Brandstifter in Nadelstreifen mit einem Achselzucken abzutun? Ich stellte fest, dass mir dazu die Abgebrühtheit fehlt. Denn der Mob ist ja aufgehetzt, die demokratischen Institutionen schlecht gemacht. Ist doch gar nicht so anders als das Gezeter hier in Deutschland.
-> Daher habe ich mich dann doch sehr davor gehütet, davon zu reden, was „die Amis“ da gewählt hätten.
(Puh, schon ganz schön viel Gedanken für eine Modebloggerin, was? Ich blogge ja auch über Mode, um Abwechslung vom richtigen Leben zu finden. Einfach mal unbeschwert eine Nische hier zu haben, in der die richtige, dreckige Welt außen vor bleibt. Doof nur, wenn die dreckige Welt sich so stark aufdrängt, dass sie nicht mehr zu ignorieren ist.)
-> Mit dem Slogan von den “dummen Amis” wäre ich mir nämlich schnell dämlich vorgekommen.
Weil
im Laufe des Mittwochs ziemlich schnell klar war, dass Hillary Clinton
doch eigentlich die Mehrheit der Stimmen im Land gewonnen hat, aber
nicht die Mehrheit der Staaten.
SO ACHTUNG: Das amerikanische Regierungssystem gehört leider zu meinem Spezialgebiet als Politikwissenschaftlerin. Doch ich befürchte, wenn ich jetzt zu sehr in Details gehe, erschrecke ich diejenigen, die gern ihre Vorurteile von Modebloggern als besonders oberflächlich und dumm hegen.
Oder wird unterstellt, dass Frauen eh zu bequem sind, oder zu dumm, um sich mit “anstrengenden” Themen wie Demokratie und Politik zu beschäftigen? Es sei denn, es geht um “gute” Sachen wie Lifestyle, Flüchtlinge und gesundes Essen?
Oder haben wir genau die Modezeitschriften, die wir verdienen? Mit Themen wie Kindern, Klamotten, Kosmetik? Aus die Maus? Sind Frauen wirklich so ignorant und oberflächlich?
Ich tröste mich derweil damit, dass Denken doch sicher auch schlank macht und gräme mich nicht mehr weiter über die dummen Vorteile, denen ich als Bloggerin ausgesetzt bin.
Denn seitdem ich blogge, habe ich mich eher als Salonbloggerin verstanden; ein schönen Begriff, den unter anderem Sieglinde von Da Sempre ins Spiel brachte.
FAZIT
Also, ich weiß nicht, ob eine Wahl in einen Modeblog gehört. Das muss jede für sich entscheiden. Ich weiß aber, dass in meinem Salonblog alles stattfinden darf: mutige Plaudereien über Sex, Slips und Stöckelschuhe genau wie über Urlaubsträumereien, Finanzfragen, Literatur und halt eine Präsidentenwahl. Verschiedene Leserinnen fühlen sich von verschiedenen Themen angesprochen – und das ist gut so!
Den angekündigten Blogpost nächsten Sonntag zu Palm Springs und den Nationalpark “Joshua Tree” verschiebe ich aus aktuellem Anlass auf einen anderen Termin. Stattdessen gibt es was zu Leoboots. Nächste Woche dann zum Thema “Welche Lehren können wir für uns aus der US-Wahl ziehen?”
Okay- jetzt seid ihr dran? Wie ist es euch ergangen?