Was treibt Menschen an die Nordsee? Es ist kalt, stürmisch, das Wetter unberechenbar und die Gegend komplett reizlos. Nichts als tosendes Meer, wehendes Dünengras und endlos lange und leere Strände. Da kannst du nichts anderes machen als buddeln oder bummeln, den Strand entlang. Hervoragend geeignet für einen Liebesbrieg an die Nordsee, erst mit Worten, dann in Bildern….
Ein Urlaub an der Nordsee erfordert einen starken Charakter….
Noch viel schlimmer ist die Herausforderung der See in Zeeland. Dicke Pfähle stecken dort im Sand als Wellenbrecher.
Die Hunde dürfen frei herumtollen und pinkeln am Strand, auf den sich später die Menschen mit ihrem Handtuch betten. (Oh, Gott, die Kinder!!!)
LANDWIRTGRÜNE GUMMISTIEFEL
Diese Menschen treibt es unverdrossen bei Wind und Wetter im dicken Parka und landwirtgrünen Gummistiefeln -meine!- hinaus. Sie stemmen sich der Windstärke – “Hui, es pfeffert dich nach Amerika” – entgegen.
Das verlangt soviel Energie, dass Strandspaziergänge nur durch regelmäßige Stärkung in den unzähligen Pavillons durchzustehen sind.
Die geschäftstüchtigen Calvinisten und sturmerprobten Seeleute haben in anständigen Abständen Holzbuden auf Holzflöcke gebockt, die der durchschnittlichen Kondition eines durchschnittlich trainierten Städters, also mir, entspricht.
Den Holzbuden verpassten sie lautmalerische Namen wie “De Zeebries” – wessen Willenskraft reicht aus, um diesem Zug zu widerstehen?
POMMES STATT SAND
Da locken auf der Speisekarte glibberige Meerestiere, serviert auf geschmackvollen Tellern, mit denen die Holländer wenig subtil ihren ausgeprägten Sinn für Design und Stil zur Schau stellen. Ansonsten?
Pommes, Pommes – Pommes. Sollte irgend wann der Sand wegbleiben bzw. die Muscheln aus
Zeeland beschließen abzuhauen, könnten Einheimische und Belgier rasch Ersatz schaffen und einfach Pommes statt Sand ausbreiten.
Und dann erst die Architektur: Leuchttürme aus Backstein.
Warum ist niemand in Deutschland auf diese Idee gekommen? Backstein wohin das Auge nur blickt, mehr Hanseflair geht kaum.
Wobei, als wäre ihnen ihre Hanse nicht genug, haben sie im 16. Jahrhundert noch ein frühes Versailles des Nordens aus dem Boden gestampft – mit einem Garten, angesichts dessen es dem Franzosen Ludwig XIV. vor lauter “Neid” wohl die Perücke vom Haupt gehauen hat und er schneller, höher, länger sein Schloss hochziehen ließ.
Das “Kasteel Westhove” – ist als Burg heute eine Jugendherberge und gefällt sich in einem Wald in Strandnähe mit vielen Radwegen.
TEER AM MEER
Wer sich nach Zeeland wagt oder irgendwo sonst an die niederländische Küste, den erwarten riesige Teerhaufen.
Oh, wie verklärend doch der Urlaub wirkt. Teer? Betten wir doch unser Haupt darauf. Ganz nach dem Motto: Hauptsache Strand, Hauptsache frei. Das wissen selbst die Schafe auf Amrum!
Nein, die Nordseeküste preist sich nicht an, putzt sich nicht extra heraus.
Weil die Natur sie sonst überwältigen würde. An der Nordsee trifft der Urlauber auf die harte Realität von meterhohen Deichen und hässlichem Teer direkt am Strand. Bestens zu erleben in Westkapelle – ein idealer Ort für Fotoshootings, der Modeblogger wie mich verzückt.
➽ Wilder Marinelook in blau-weiss.
➽ Lingerielook am Meer
Nein, das hält nicht jeder aus. Es braucht ganz besondere Charaktere, um es mit der Nordsee und ihren Bewohnern aufzunehmen.
Der Nordseeurlauber ist eine ganz eigene Spezies.
Drum prüfe, wer sich für einen Urlaub an der Nordsee bindet. Reizlos, authentisch und rau – oder, um frei nach Frank Sinatra zu tirillieren: if you can make it there, you can make it anywhere – wer es dort schafft, der kann es Dank robusten Charakters überall schaffen! Und jetzt: Bilderflut!
Ein Liebesbrief an die Nordsee in Bildern
Wer jetzt Appetit auf MEER MEER hat, erkundet mal Zeeland und Umgebung mit Middelburg und seinen Designstudenten und lustigen Bräuchen.
Hat das Urlaubsziel etwas mit Charakter zu tun? Und habt ihr Meertipps?
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