Ein neuer Morgen, ein neuer Tag und ganz plötzlich und unerwartet begrüßt mich in Netz mein erster richtiger Shitstorm. Was passiert ist, wie es sich anfühlt, zur Zielscheibe zu werden und wie ich damit umgegangen bin, wil ich Euch heute berichten. Und auch, wo der alltägliche Sexismus dabei ins Spiel kommt.
Geplant war am heutigen Sonntag eigentlich ein Post über ein Modethema. Wie immer am Sonntag. Nach einer Woche, in der ich mir auf Instagram etwas Ruhe verordnet hatte und auch zwei Tage krank war. Doch wie so oft, kam das Leben dazwischen. Ein Shitstorm besser gesagt. Mein 1. richtiger. Nach etwas mehr als vier Jahren als aktive Bloggerin.
Bin ich jetzt geadelt? Weiß ich nicht. Auf jeden Fall fiel mir während des tobenden Shits etwas auf, was in meinen Augen mächtig nach Sexismus stank. Und weil ich diesen Zusammenhang schon öfters bemerkt hatte, wollte ich heute mal meine Gedanken dazu aufschreiben.
Die #metoo-Debatte habe ich natürlich verfolgt. Das ist kein Thema zu dem ich nichts zu sagen hätte. Mit Feminismus beschäftige ich mich seit meinem 15. Lebensjahr. (Anja Meulenbelt war quasi meine Erleuchtung.) Irgendwie konnte ich meine Gedanken aber nicht in einem stimmigen Post sammeln.
Wie einmal ein Shitstorm losbrach wegen….
Doch nun ist mir mein erster Shitstorm untergekommen. Nicht im Zusammenhang mit Oceanblue Style at Manderley. Sondern mit meinem InsideFFMBlog auf Frankfurt-tipp.de. Vergangenen Freitag ging dort ein Post online über 28 kuriose Fakten zu Frankfurt.
…..eines Tippfehlers
Die dortigen Angaben habe ich alle aus Verwaltungsstatistiken recherchiert, die für jedermann verfügbar und öffentlich sind. Dummerweise hatte sich ein Zahlendreher eingeschlichen (2018 statt 2016) und das Wort “Quadratmeter” fehlte.
Sowas ärgert mich am allermeisten. Weil mir meine Texte sehr am Herzen liegen und saubere Darstellung für mich eine Sache des Respekts gegenüber meinen Leser/innen ist. Daran gibt es nichts zu rütteln. Ich bin Beate und Ines bis heute dankbar dafür, dass sie mich durch ihre Hinweise auf Tippfehler hier auf OB Style zu einer besseren Bloggerin gemacht haben. Weil sie sich überhaupt die Mühe gemacht haben.
Was in den Facebook-Kommentaren bei Frankfurt-Tipp jedoch geschrieben wurde, hat mich erschüttert. Mit welcher Mutwilligkeit dort agiert wurde. Das Wort Sachlichkeit will ich in diesem Zusammenhang schon gar nicht mehr erwähnen. Impulskontrolle scheint komplett ausgestorben zu sein.
Versteht mich richtig! Wenn ich einen Fehler mache und mir schreibt jemand: “Liebe Autorin, das ist aber ärgerlich, dass
Sie da Fehler drin haben”, dann bin ich die Erste, die sich entschuldigt
und sagt, “Da haben Sie völlig Recht. Das ärgert mich selbst am meisten.
Ich gelobe Besserung und hoffe, Sie hatten trotzdem noch ein bißchen Spaß am Lesen der
Fakten. Und bleiben Sie mir auch bitte weiterhin so engagiert und
kritisch gewogen als Leserin.”
Doch
auf Facebook schaukelte sich das hoch. Sätze aus meinem Text, die sich direkt aufeinander
bezogen und auch nur so zu verstehen sind, wurden aus dem
Zusammenhang gerissen zitiert und dann als unverständlich dargestellt.
Informationen, die sachlich komplett richtig sind, wurden auf eine Art dargestellt, die ich nur als böswillig bezeichnen kann.
Die Kommentatoren schaukelten sich gegenseitig hoch, was
in der Aufforderung an den Verlag gipfelte, den Beitrag doch ganz vom Netz zu
nehmen. Das muss man sich mal vorstellen. Ich habe niemanden
beleidigt, erschossen, Staatsverrat begangen oder einen Unschuldigen in den Knast geschickt wie Herr Erdogan.
Ich hatte einfach nur eine Zahl verdreht
und ein Wort im Blogtext vergessen, der keinen anderen Zweck als informierende Unterhaltung hat! Ich hatte die
statistischen Fakten in einen -wie ich dachte-kurzweiligen Zusammenhang
gepackt.
Doch
mein Text wurde dort zerrissen. Die Herrschaften konnten mit meiner Art
des Schreibens ganz offensichtlich nichts anfangen.
“Ich hatte niemanden erschossen oder beleidigt, sondern mich vertippt und ein Wort vergessen. Zack: Shitstorm. Impulskontrolle? Fehlanzeige.” – Sabina Brauner
Ich habe in den vielen Jahren als Lehrerin Krisenkommunikation üben können und kann meine Emotionen ganz gut in Schach halten.
Daher habe ich mich freundlich an die Herrschaften gewandt und einen der Herren auf die Zusammenhanglosigkeit seines Zitats hingewiesen. Die Antwort darauf war mehr als respektlos. Es war mir wichtig, klar zu machen, dass mit mir nicht so zu reden ist und dankte ich ihm zuerst für sein Engagement, um dann um einen respektvollen und sachlichen Ton zu bitten. Ich sprach ihn auch direkt mit seinem Namen an. Und habe ihn gebeten, mir die falschen Informationen in meinem Text zu benennen. Seitdem ist Ruhe. Weil es keine falschen Informationen zu benennen gibt.
Der alltägliche Sexismus
Wo ist der Sexismus, fragt ihr? Die lange Vorrede war wichtig, um den Sachverhalt zu schildern. Mich beschleicht immer wieder das Gefühl, dass Frauen viel schneller respektlos kritisiert werden. So nach dem Motto, was schreibt die Püppi da?
Dass Männer glauben, Frauen ungefragt gute Ratschläge zu allem möglichen erteilen zu dürfen. Und dass es eine ganz andere Resonanz gegeben hätte, wenn mein Text von einem Mann gekommen wäre. Da ist die Geringschätzung weniger gering.
Ich habe genug Kollegen in den Medien, die auch unverschämte Leserbriefe erhalten. Dennoch bin ich der Meinung: Die Geringschätzung ist noch geringer, wenn klar ist, dass das Gegenüber eine Frau ist. Das ist für mich alltäglicher Sexismus.
Hinzukommt, dass auch Frauen davor nicht gefeit sind.
Der alltägliche Sexismus? Für Fehler werden Frauen schneller und respektloser kritisiert. Ihnen wird noch geringschätziger begegnet als Männern.
DAS habe ich wiederrum in meinen Seminaren erfahren. Unreife, unsichere Frauen neigen dazu, Männer höher zu schätzen als die eigenen Geschlechtsgenossinnen. Das heißt sie richten sich nach dem Verhalten der Männer in der Gruppe. Es bedarf schon einer reifen, selbstbewussten Frau sich innerhalb einer gemischten Gruppe mit einer anderen Frau zu solidarisieren.
Manchmal frage ich mich ja, ob das was spezifisch Deutsches ist? Wo Frauen ja scheinbar im feministischen und gleichberechtigten Paradies leben. Oder warum taucht so wenig zur #metoo-Debatte in den deutschen Blogs Ü40 auf? Finde ich ein bißchen Schade. Aber das ist jetzt ein Nebenpfad und etwas für einen anderen Blogpost.
Um zum eigentlichen Thema zurückzukommen, falls ihr noch bei der Stange seid: Kommentatoren in den Sozialen Medien schaukeln sich hoch wie ein Lynchmob im Wilden Westen. Ziel eines solchen Mobs zu sein, ist beängstigend, schockierend und einschüchternd.
Aber ich bin auch keine 12 mehr und wir sind auch nicht auf dem Schulhof, wo die feigen Bullys immerhin den Mut aufbringen müssen, dem anderen etwas von Angesicht zu Angesicht zu sagen. (Ich kann auch nur hoffen, dass Leute, die sich als Erwachsene wie feige Schulhofbullys verhalten, keine Kinder haben. Wie sollen die zu anständigen Erwachsenen mit Rückgrat werden?)
Jedenfalls erzähle ich das hier nicht, um zu jammern wie ein armes Hascherl, sondern, um mich zu wehren. Als der Shitstorm am Freitag über mir niederging war mir natürlich zum Heulen zumute.
Ich bin unendlich dankbar, dass sich gezeigt hat, dass all diejenigen, die ich um Hilfe bat, geholfen haben. Das ist der große Gewinn aus diesem schrecklichen Erlebnis. All denjenigen, die sofort auf meine Bitte um Unterstützung reagiert haben – und das war ausnahmslos ALLE – denjenigen kann ich nicht genug aus tiefstem Herzen danken: meinen Mann, Sabine, Bärbel und Katja – ihr habt mir das unanständige Verhalten erträglich und vergessen gemacht.
Ihr habt es mir durch eure Hilfe möglich gemacht, dass ich mich von dem Schreck erholen und wehren konnte.
Wie ich mich gegen den Shitstorm gewehrt habe?
Durch sachliche Antworten, Freundlichkeit, klaren Ansagen und Grenzsetzung. Einen besonders penetranten Kommentator, der meinen Text aus dem Zusammenhang gerissen zitierte, sprach ich mit seinem Namen als “Herr S.” und bat ihm um konkrete Nachweise dafür, dass die Fakten in meinem Zitat falsch seien. Ihr könnt es euch denken: Schweigen im Walde.
Irgendwann habe ich dann aufgehört, die Kommentare zu lesen und mich entschieden, hier im Blog das Geschehen öffentlich zu benennen.
Aus
reiner Lust und Langeweile ziehen Kommentatoren offenbar über andere im
Netz her. Vermeintlich Erwachsene benehmen sich wie üble
Schulhofbullies.
Weil es nicht akzeptabel ist, sich so anderen Mitmenschen gegenüber zu benehmen. Weil ich ein Mensch und kein Bot bin.
Ich stehe morgens auf, begrüße meinen Mann und meinen kleinen wuscheligen Hund, fahre in die Arbeit zu meinen Schülern, backe abends zum Entspannen amerikanische (!) Scones und gucke das umstrittene GNTM.
All das macht mich menschlich, macht mich zu einem Menschen. Und Mitmenschen verdienen Respekt. Auch und vor allem im Zeitalter von Donald Trump. Meerblaue Sonntagsgrüße