1989. Ist eine Zahl. Und weckt unglaubliche Emotionen, nicht wahr? Oktober 1989? Noch mehr Emotionen, nicht wahr?
Kommen euch noch die Tränen, wenn ihr euch an jenen Monat vor 26 Jahren erinnert? Bekommt ihr Gänsehaut, wenn ihr die Bilder von damals seht? Wieso schreibe ich hier 26 Jahre? Wenn wir doch dieses Wochenende ein Vierteljahrhundert Deutsche Einheit feiern? Das fiel mir auch erst gar nicht auf, dass wir ja den 3. Oktober und nicht den Fall der Mauer feiern. Das hat aber auch seinen ganz einfachen Grund. Ich habe das nicht in Deutschland erlebt. Das Ereignis ist mir fremd. In der Fremde hielt ich mich nämlich auf…..
Im Oktober 1989 denke ich an das Erdbeben in San Francisco. Ein Erdbeben hatte ja auch Deutschland erschüttert; nur nicht geologisch, sondern politisch.
Als die Mauer fiel und Ungarn die Grenzen öffnete, wohnte ich gerade einen Monat in meinem Apartment in La Jolla an der Universität. Als im Oktober die Erde in Nordkalifornien bebte, Menschen in ihren Autos auf der Autobahn starben, weinten wir. Die zerstörten Autos in San Francisco
wieder zu sehen erschüttert mich bis heute. Die zerbröckelten Häuser,
die mühsam abgestützt wurden. Bis heute ist es schwer darüber zu schreiben.
In Kalifornien erreichte uns ausländische Austauschstudenten die Nachricht vom Mauerfall: alle bestürmtem uns Deutsche mit Fragen: „Wie ist das für Euch? Was denkt ihr?“ Meine Standardantwort war immer gleich: wie soll das sein? Da erlebst du persönlich für dich ein lebenswichtiges Stadium in einem neuen Land. Da ist man einmal nicht Zuhause und schon drehen alle durch 🙂 Es war schrecklich und wunderbar zugleich, nicht Zuhause zu sein. Die Einheit ist mir emotional immer ein bißchen fremd geblieben. So wie euch sicherlich das Erdbeben in San Fran. Ich kehrte 1991 in ein Deutschland zurück, dass mir fremd geworden war.
Was für mich die Einheit bis heute aber bedeutet~
*kulturelle Vereinigung: anzuknüpfen an Weimar, Goethe und Schiller. Das Bauhaus in Dessau.
* Berlin, auch wenn es -wie es sich für eine Hauptstadt gehört-, tierisch nervt, wieder als eine Stadt zu erleben. Friedrichshain ist einfach wunderbar. Potsdam ist eine der schönsten Städte überhaupt. Als ich das Schloss einmal mit einer amerikanischen Freundin besuchte, traf ich dort auf den ehemaligen Bundespräsidenten Richard von Weizäcker mit seiner Gattin, und durfte ihm die Handschütteln. Damals war das für mich als Studentin der Politikwissenschaft das Größte 😉
* Aber das Allerbeste: meine ostdeutschen Verwandten aus dem Harz durften mich endlich besuchen. Wir hatten zusammen viele Sommerferien glücklich verlebt, aber immer nur im Osten, in der DDR. Nun wohnen sie alle Niedersaschen.
Aber damit muss man leben, heute haben wir eine Kanzlerin, einen Bundespräsidenten aus dem Osten, meine Stiefmutter ist aus dem Osten. Ich finde das großartig. Bei allem, was es im Alltag zu meckern gibt, dürfen Menschen ihr Leben frei gestalten. Mit all den Niederlagen und Risken, die das mit sich bringt. Kein System ist ideal. Besser geht immer. Aber, was gar nicht geht, ist Leute wegen ihrer Meinung ins Gefängnis zu stecken, auszuspionieren, so dass ein Klima der Angst und des Mißtrauens entsteht. Sie wegen ihrer Entscheidung, ein Land verlassen zu wollen, umzubringen. Das ist das Gegenteil von Freiheit.
Und San Francisco? Ist die Stadt, die sie immer war. Überirdisch schön balanciert es mitten auf den tektonischen Platten, immer auf das nächste Beben wartend.
25 Jahre später ……Frankfurt feiert die Einheit – und ich kann dabei sein *freu* Wo verbringt ihr das Wochenende? Was verbindet ihr mit der Einheit?